Der Neid gebiert oft seltsame Wesen. Schon in so manchen Science-Fiction- und Fantasy-Filmen lernen wir, es ist nicht gut seine Gefühle zu unterdrücken oder sich von ihnen überwältigen zu lassen. Oftmals führen diese zu den seltsamsten Transformationen oder Materialisierungen. Auch auf der Bühne des Wiener Off Theaters bekommt es das Publikum derzeit mit einigen seltsamen Erscheinungsformen der Eifersucht zu tun.

Grischka Voss und Kristina Bangert haben sich dem Neid in seinen unterschiedlichen Geburtsformen angenommen: entsprungen aus der Rivalität zwischen Geschwistern, der Wut und Trauer der verschmähten Geliebten oder wie bei Schneewittchen durch die Schönheit der Jugend einer anderen Frau. Doch auch in personifizierter Form als Dr. Envy (dargeboten durch den Musiker KMET) oder als böser Zauber tritt die Eifersucht in Erscheinung. Letzterer wird von Peter Beil, der auch für die Choreographie zuständig ist, zunächst als zusammengekauertes Etwas, das sich später in alle Richtungen windet und streckt, getanzt. Eifersucht und Neid, sie dringen eben – lassen wir uns davon überwältigen – in jede noch so kleine Ritze unseres menschlichen Daseins vor. Und doch – für Grischka Voss von der das Konzept stammt und die auch selbst auf der Bühne steht ist Neid „eines der am meisten verachteten und verleumdeten Gefühle“.

Als „Medizin“ gegen die Verleumdung wird der „Invidia“ (Neid oder die Missgunst auf Latein) in rund 90 Minuten ausführlich ins verzerrte Antlitz geblickt. Dass auch das Publikum die Fratze des Neides vom süffisanten und falschen Lächeln bis hin zu den traurig hängen gelassenen Mundwinkeln richtig erkennt sind die Gesichter der Schauspieler ähnlich wie bei der Pantomime oder der Clownerie kräftig geschminkt. Wunderbar gespielt, stimmungsvoll durch Kostüme und Requisiten in Szene gesetzt, erwartet die Besucherinnen und Besucher ein kurzweiliges und ästhetisch ansprechendes Theatererlebnis, das zudem reichlich Platz für Humor bietet. Stellenweise ertönt nahezu kreischendes Gelächter aus dem Zuschauerraum – schön, wenn man dem Neid auch etwas Schönes abgewinnen kann.

Von mehr Ernst als die pantomimisch-tänzerische Darstellung zeugen die Liedtexte. „They’re getting everything. And I get nothing“, heißt es da. „I feel small. Please make me tall“, wird im Song „Guilty“ gesungen. Denn schuldig sind die Darsteller nicht nur der Eifersucht, sondern auch ihres Talentes oder Geldes willen, das den Neid der anderen hervorruft. Wir lernen, es ist nicht leicht auf der anderen Seite zu stehen. Neid und Eifersucht zerfressen nicht nur die Eifersüchtigen, sondern auch die Zielpersonen dieser Gefühle. „I’ve admit you’re really better than me, but I can do other things brilliantly“, singen die Schauspieler am Ende des Abends und geben damit dem Publikum auch gleich einen vernünftigen Therapievorschlag gegen das gelbe Monster der Eifersucht mit auf den Weg: „Make love to yourself“. Auch wer des Englischen nicht sonderlich mächtig ist, wird verstehen worum es geht. Don’t miss it!

INVIDIA – Der Böse Blick
Noch am 30. und 31. März sowie 4., 6. und 7. April 2017, 20:30 Uhr
Off Theater (WHITE.BOX)
Kirchengasse 41
1070 Wien
www.off-theater.at

Fotos: © Barbara Pálffy

Geschrieben von Sandra Schäfer